Mein Briefwechsel mit einem Bürger meines Wahlkreises
21.01.2005
Lieber Herr Dr. Christoph Bergner,
Ich bitte Sie, sich als mein/e Wahlkreisabgeordnete/r für die Offenlegung von Nebeneinkünften einzusetzen. Darin enthalten müssen Einkünfte aus Vortrags- und Beratungstätigkeiten, umfangreiche Beteiligungen an Kapital- und Personengesellschaften sowie aus während des Mandats aufgenommenen oder fortgeführten Berufstätigkeiten sein. Ausgenommen bleiben sollten lediglich Auskünfte beispielsweise von Anwälten, falls dadurch die Einkommensverhältnisse unbeteiligter Dritter offengelegt werden.
Machen Sie sich in der CDU/CSU-Fraktion dafür stark, dass die Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages zügig entsprechend geändert werden.
Viele Bundestagsabgeordnete reagieren bereits auf das Problem und veröffentlichen Ihre Einkünfte aus freien Stücken. Als Bürger/in Ihres Wahlkreises bitte ich Sie - falls noch nicht geschehen - diesem Beispiel zu folgen. Die Organisation Campact stellt auf Ihrer Website eine Übersicht bereit, welche Abgeordnete schon jetzt per Internet Ihre Nebeneinkünfte offen legen. Ich würde mich freuen, wenn auch meine Wahlkreisabgeordneten dort als Vorbild genannt würden.
Wähler/innen müssen wissen, welchen Abgeordneten sie vertrauen können. Ich würde mich über eine Antwort freuen.
Mit freundlichen Grüßen,
H. G.
Sehr geehrter Herr G.
vielen Dank für Ihre Mail, in der Sie die Forderung der Organisation Campact an mich richten, sämtliche Nebeneinkünfte einschließlich Kapitaleinkünfte (in meinem Fall hieße das wohl Zinserträge von Sparguthaben?!) offen zu legen. Ich habe diese Aufforderung mit anderen Mitgliedern des Deutschen Bundestages diskutiert und bin zu folgender Auffassung gekommen:
Die Unabhängigkeit von Abgeordneten ist eine entscheidende Voraussetzung für das Funktionieren einer Demokratie. Wichtig ist aber auch, dass sich immer wieder qualifizierte, leistungsfähige Kandidatinnen und Kandidaten aus allen Schichten der Bevölkerung zur Wahl stellen, so dass die Bürger die Möglichkeit haben, kompetente Volksvertreter zu wählen, deren Erfahrungen die Breite der gesellschaftlichen Wirklichkeit umfassen.
Ich habe in meiner außenpolitischen Arbeit gelegentlich mit Nachfolgestaaten der Sowjetunion zu tun und von daher einen gewissen Einblick in die Probleme des Scheinparlamentarismus. Die Phänomene sind vielfältig; sie reichen von Oligarchenparlamenten bis hin zu Huldigungsversammlungen für die Staatsregierung. Da wir solche Fehlentwicklungen nicht wollen, gilt folgendes:
Es ist richtig, wenn der Parlamentarier einer intensiven öffentlichen Kontrolle ausgesetzt wird. Daran besteht in der deutschen Mediengesellschaft glücklicherweise kein Mangel. Ebenso bedeutsam ist die Souveränität des Parlamentariers gegenüber kurzfristigen Stimmungen und Meinungsbildern. Außerdem darf es keine faktische Ausgrenzung von Berufsgruppen weder an der unteren noch an der oberen Einkommensskala und möglichst auch kein Ausgeliefertsein bei eventuellen Unterwürfigkeitsforderungen der eigenen Parteien geben.
Schließlich ist jedes Abhängigkeitsverhältnis zu unterbinden, das den Parlamentarier in die Situation der Käuflichkeit seines Stimmverhaltens bringen könnte.
Eingedenk dieser Einsichten sind die von Ihnen erhobenen Forderungen teilweise problematisch. Zweifellos darf es keine Bezahlung des Abgeordneten ohne nachvollziehbare Leistungen durch externe Geldgeber wie z.B. Großunternehmen geben. Alle entsprechenden Fälle sind abzulehnen, sie sind jetzt schon unstatthaft und sollten zukünftig auch bestraft werden.
Die Nebentätigkeiten, d.h. die zusätzlich zum Mandat eingegangenen Verpflichtungen werden schon jetzt veröffentlicht. So können etwaige Abhängigkeiten aufgedeckt und die Intensität der Mandatswahrnehmung eingeschätzt werden. Der Wähler hat die Möglichkeit, aus diesen Fakten seine Schlussfolgerungen zu ziehen, die Medien können die Verhältnisse analysieren. Ich hätte Verständnis, wenn Sie für eine noch lückenlosere Erfassung dieser Tätigkeiten einträten. Sie fordern aber ein Öffentlichmachen der Höhe der Einkünfte, die neben den Abgeordnetendiäten zum Einkommen des jeweiligen Mandatsträgers gehören.
Hier wird die Situation etwas komplizierter. Die Anzeigepflicht von Nebeneinkünften gegenüber dem Bundestagspräsidenten besteht. Ich wäre dafür, die Schwelle der anzeigerelevanten Einkünfte von derzeit 3000 €/Monat deutlich abzusenken.
Ihnen geht es aber nicht nur um eine Anzeige - sondern eine Veröffentlichungspflicht, interessanterweise mit Ausnahme der
Rechtsanwälte(!).
Ich selbst hätte keine Probleme, meine Steuererklärung bzw. den Steuerbescheid öffentlich zu machen. Dann könnten sich die Bürger neben den bekannten Abgeordnetenbezügen auch über meine Ausgaben an Spenden informieren.
Unter meinen Kollegen gibt es aber Berufsgruppen, denen das aus respektablen Gründen schwerer fällt, etwa dem selbständigen Bäckermeister, der die Bilanzen seines Familienbetriebes und damit die Stellung seines Unternehmens im Wettbewerb öffentlich machen müsste. Wenn das gefordert würde, hätten wir bald keine Handwerksmeister mehr im Parlament. Das wäre für unsere Demokratie von Nachteil.
Wenn ich mich also weigere, Ihrem Wunsche nachzukommen, meine Einkommenssituation zu veröffentlichen, dann tue ich dies nicht, weil ich etwas zu meiner Person verheimlichen möchte. Ich tue es aus Solidarität mit den Freiberuflern, Handwerkern u.a., auf die unser Parlament nicht verzichten kann.
Wenn Sie "gläserne Verhältnisse" wie z.B. in Schweden wollen, dann müssen Sie die Einkommenssituation aller Bürger öffentlich machen, wie es dort der Fall ist. Dann herrscht Gleichbehandlung. Für den freiberuflichen Abgeordneten entstehen dann keine Nachteile gegenüber den Selbständigen, die nicht im Parlament sind.
Soweit meine Antwort auf Ihre Anfrage. Ich hoffe, Sie haben Verständnis, wenn ich unseren Briefwechsel unter Aussparung Ihres Namens auf meiner Homepage veröffentliche.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Christoph Bergner
GEDENKEN DER OPFER DARF NICHT IN ZWEIFEL GEZOGEN WERDEN
Am 24. April 2005 ist der 90. Jahrestag des Beginns der Armeniervernichtung im Osmanischen Reich. Ein aus diesem Anlass erarbeiteter Antrag der CDU/CSU-Fraktion hat zu einer kontroversen Debatte mit Vertretern der türkischen Politik und türkischstämmigen Mitbürgern geführt.
Als federführender Mitautor des Antrags musste sich Christoph Bergner während der letzten Wochen verstärkt der Dikussion stellen.
Am 3. Mai findet auf Einladung des Evangelischen Arbeitskreises der CDU Halle eine Podiumsdiskussion unter dem Thema:
Vergangenheitsbewältigung zwischen Religion und Politik -
das Beispiel Türkei / Armenien
in Halle statt.
Im Anhang lesen Sie den Antrag sowie einen Brief von Dr. Bergner an die European Association of Turkish Akademices (EATA).
Antrag Armenien 1504933.pdf (64.60 KB)
Aslan EATA Brief an_14.3.05.pdf (99.97 KB)
ANALYSE DES EINIGUNGSPROZESSES – ODER BEKENNTNISSE EINES WIEDERVEREINIGUNGSGESTÖRTEN SPIEßERS
Anmerkungen zu Wolfgang Herles „Wir sind kein Volk“
W.Herles-Anmerkungen zu Wir sind keine Volk.pdf (51.97 KB)
WARUM ICH DEM KOMPROMISS ZUM KOMMUNALEN OPTIONSGESETZ NICHT ZUSTIMMTE
Erklärung im Deutschen Bundestag am 02.07.2004
Erklaerung Abstimmung Bundestagssitzung 2.7.04.pdf (49.01 KB)
MODERNES BROTGELEHRTENTUM
Wissenschaftliches Ethos und Wissenschaftspolitik in der
Wissensgesellschaft – 10 Thesen
ALLES BACHELOR - ODER WAS?
Anmerkung zur Ehre deutscher Diplomstudiengänge
Pressemitteilung vom 28.01.2004 an die Volksstimme Magdeburg
Bachelor - 27.01.04.pdf (51.31 KB)
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