Frankfurter
Allgemeine Zeitung, 23.06.2009, Nr. 142, S. 29
mr. BERLIN. "Nehmen Sie die Vorstellung dieses Berichts als Zeichen dafür, dass die Bundesregierung um den Erhalt und die Förderung der Vereinslandschaft bemüht ist." Der Parlamentarische Staatssekretär Christoph Bergner machte kein Hehl daraus, dass er vom "Sportentwicklungsbericht 2007/2008" nicht Antwort auf die grundsätzliche Frage, ob, sondern vielmehr Anregungen zu der Frage erwartete, wie 91 000 Vereinen im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und den 16 Landessportbünden (LSB) weiterhin geholfen werden kann. Sich und der Regierung hielt Bergner zugute, dass nach dem Gesetz zur Förderung des Ehrenamts auch das jüngste zur Haftungsfreistellung von Vereinsvorständen der Motivierung dienen solle.
In der Tat ist laut der mit rund 90 000 Euro pro Jahr geförderten zweiten Untersuchung des Sportwissenschaftlers Christoph Breuer von der Deutschen Sporthochschule Köln, die am Montag in Berlin als Buch von 735 Seiten vorgelegt wurde, das Engagement von Funktionsträgern rückläufig. Dennoch ist der organisierte Sport mit einer Million Vorstandsmitgliedern sowie 1,1 Millionen Trainern, Übungsleitern und Schiedsrichtern immer noch der quantitativ bedeutsamste Träger bürgerschaftlichen Engagements in Deutschland, sagte Breuer.
Das Monopol auf Sport allerdings, wie es der Titel der Studie nahelegt, haben Vereine nicht. Die Unabhängigkeit der Sporttreibenden zumindest in Berlin (61 Prozent der Bevölkerung) belegt eine vom Senat der Hauptstadt vorgelegte Untersuchung, nach der fast die Hälfte ihrem Sport im öffentlichen Raum nachgeht: in Wald und Park und auf öffentlichen Gewässern (27,5 Prozent) sowie auf Straßen (18,9). Es folgen Fitnesscenter (11,2) und Zuhause (11,4). Die öffentliche Sport-Infrastruktur kommt mit Schwimmbädern (9,3), Sportplätzen (6,0), Sporthallen (8,5) sowie Eis- und Reithallen auf weniger als ein Drittel. Entsprechend der Rangliste der Sportarten, die angeführt wird von Radfahren und Jogging, spielt Vereinsmitgliedschaft keine dominierende Rolle.
Der nordrhein-westfälische LSB-Präsident und DOSB-Vizepräsident Walter Schneeloch dagegen münzte das Engagement im Verein in 6,6 Milliarden Euro jährlicher Wertschöpfung um. Ausgehend von öffentlichen Zuwendungen für die Sportvereine in Höhe von 500 Millionen Euro, zitierte Schneeloch, dass die Vereine als Steuerzahler über 300 Millionen mehr zahlten, als sie erhielten. Sportvereine sind zudem in steigendem Maße Arbeitgeber; derzeit sind rund eine Million Menschen, überwiegend als Geschäftsführer, bei ihnen angestellt.
Der Aufruf Schneelochs zu einer nationalen Kraftanstrengung für die Sanierung von Sportstätten bei einem Bedarf von mehr als 42 Milliarden Euro lässt sich nicht aus der Studie ableiten. Vielmehr geben die Vereine darin als größte Probleme die Gewinnung von Funktionsträgern, von Leistungssportlern, von Übungsleitern und von Mitgliedern insgesamt sowie ihre finanzielle Situation an.
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