Christoph Bergner gehört zu jenen Politikern in Berlin, die das ostdeutsche Element in der Politik und in dem sich aufgeregt gebenden Betrieb auf eine traditionelle Weise verkörpern. Er arbeitet an der Sache orientiert, seit er 2002 in den Bundestag gewählt wurde.
Die Lage in den ostdeutschen Bundesländern wurde zu seinem
Arbeitsgebiet. Er setzte das fort, seit er 2005 vom damaligen
Innenminister Wolfgang Schäuble zum Parlamentarischen Staatssekretär im
Bundesministerium des Innern ernannt worden war. Auch Schäubles
Nachfolger, Thomas de Maizière (CDU) und Hans-Peter Friedrich (CSU)
hielten an Bergner fest. Dabei vermittelt Bergner nicht den Eindruck des
politischen Karrieristen. Seinen Ministern stiehlt er nicht die Schau.
Nun legte er - zusammen mit Friedrich - dem Bundeskabinett den
Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit vor. Wie es sich für das
Zusammenwirken von Minister und Parlamentarischem Staatssekretär
geziemt, hatte Friedrich das Wort: "Der Aufbau Ost hat wesentlich zum
erfolgreichen Zusammenwachsen von Ost- und Westdeutschland beigetragen."
Bergner bekam unter Schäuble die Aufgabe des "Bundesbeauftragten für
Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten". Zu Helmut Kohls Zeiten
hatte Horst Waffenschmidt (CDU) - auch er in der Funktion eines
Parlamentarischen Staatssekretärs im Innenministerium - die Aufgabe mit
einem gehörigen Maß an öffentlicher Wirkung versehen. Schäuble mag sich
an die Bedeutung der Funktion erinnert haben, welche nicht zuletzt auch
unter parteipolitischem Gesichtspunkt zu sehen war. Einst machte die SPD
es Waffenschmidt zum Vorwurf, mit seinen Bemühungen um die deutschen
Aussiedler, vor allem jenen aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion,
in Wirklichkeit Stammwähler für die CDU zu gewinnen. Diese Zeiten
freilich sind vorbei. Gleichwohl ist es für einen Parlamentarischen
Staatssekretär von Bedeutung, in der Hierarchie eines Ministeriums ein
fest umrissenes Arbeitsgebiet zu bekommen. Im Falle Bergners wurde der -
mit dem Amtsantritt Friedrichs - sogar noch erweitert. Seit März 2011
ist der 1948 in Zwickau geborene CDU-Politiker auch - wie es im Handbuch
der Regierung heißt - "Beauftragter der Bundesregierung für die Neuen
Bundesländer".
Bergner, der von der Ausbildung her Forst- und Agrarwissenschaftler ist,
trat 1971 der Ost-CDU bei. Er blieb aber, heißt es, ein einfaches, das
DDR-System ablehnendes Parteimitglied. Erst mit dem Fall der Mauer
begann Bergner, sich im engeren Sinne politisch zu engagieren - zunächst
im "Neuen Forum", dann in der CDU. Er kam in den Landtag von
Sachsen-Anhalt. Die politische Wirren dort trugen zu seinem Aufstieg
bei. Im Dezember 1993 wurde er Ministerpräsident. Im Jahr darauf verlor
die CDU die Landtagswahl und Bergner sein Regierungsamt. Er übte die
Funktion des Oppositionsführers aus. Es würde zum Stil und Verständnis
Bergners von der Politik passen, wenn er auch dies als Staatsaufgabe
ansieht.
GÜNTER BANNAS
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